Iran – Atomkonflikt verhärtet sich

Iran steht in Wartestellung. Die Führung in Teheran will an den Verhandlungstisch gebeten werden. Außenminister Mottaki jettet in diesen Tagen wie keiner seiner Kollegen von Hauptstadt zu Hauptstadt. In den Gesprächen bietet er Iran als Vermittler an. Die Islamische Republik wolle Frieden und zwar für die ganze Region. Eine Art politischer Spagat, denn in den Straßen Teherans hängen die Plakate mit Hisbollah-Chef Nasrallah, der eine Kalaschnikow schwingt. Jeden Tag demonstrieren Anhänger der islamischen Führung gegen Israel. Tag für Tag heizen die konservativen Zeitungen gegen Israel die Stimmung mit Aufmachern an.

Aber die öffentliche Meinung ist gespalten. Fast jeder Iraner kritisiert die israelischen Angriffe, die Menschen sind schockiert. Doch gleichzeitig will die Mehrheit der Bevölkerung nicht, dass sich Iran in den Konflikt einmischt. Die der Hisbollah jahrelang gewährte Unterstützung ist bei den Menschen nicht populär.

Anders als in arabischen Staaten betrachten die meisten Iraner den Kampf der Hisbollah nicht als ihren Kampf. Nur eine radikale Minderheit demonstriert. Eine noch radikalere meldet sich für den Kampf gegen Israel. Doch diese Aktivisten dürfen das Land nicht verlassen. Die Regierung kennt die heikle Situation, in der sich Iran befindet.

So willkommen der Libanonkrieg zu Anfang auch war. Lenkte er doch vom Konflikt um das iranische Atomprogramm ab. So gefährlich wird er für die Regierung in Teheran inzwischen. Die islamische Führung gilt bei den meisten Staaten des Westens als Sponsor des Terrorismus. Eine schwere Belastung für mögliche neue Verhandlungen um das iranische Atomprogramm. Das von den USA geführte Lager der westlichen Staaten scheint zu keinem Kompromiss bereit. Die am Nachmittag verabschiedete Resolution lässt daran keinen Zweifel. Iran wird verpflichtet, die Anreicherung einzustellen. In Teheran ist man bisher gerade hierzu noch nicht bereit. Man könne die Anreicherung einem internationalen Konsortium übertragen, dürfte der Kompromissvorschlag aus Iran lauten. Nur, wird der Sicherheitsrat ein solches Angebot akzeptieren, fragen sich die Politiker in Teheran. Deshalb ist ihr Interesse so groß, im Libanon-Konflikt mit zu verhandeln. Iran möchte Partner bei der Ausarbeitung eines Waffenstillstands werden. Und daran wird die Hoffnung geknüpft, dass der Druck auf das Land auch in der Atomfrage schwächer wird. Dies würde einen Kompromiss erleichtern, bei dem die iranische Führung ihr Gesicht wahrt. Iran will die Atomfrage friedlich lösen. Aber die Konservativen werden nicht bedingungslos einlenken. Zu viele in ihren Reihen wollen das Atomprogramm auch, weil es sich militärisch nutzen lässt.

Kommentar von Ulrich Tilgner
DLF
31. Juli 2006